Stephan Baglikow

Das Märchen von Sterntaler

Ursprünglich aufgeschrieben von den Gebrüdern Grimm und inspiriert von Georg Büchners Woyzeck tuntig neu interpretiert

Es war einmal eine schlangelige Jungtunte, die niemand adoptieren wollte. Sie lebte in prekärsten Verhältnissen, weil der sogenannte Sozialstaat mal wieder gänzlich versagt hatte. Sie hatte kein WG-Zimmer zur Zwischenmiete, um darin zu wohnen; sie hatte kein Europalettenbett, um darin zu schlafen; und sie hatte gar nichts mehr, als den Fummel den sie auf dem Leib trug und ein Piccolöchen Schaumwein, den sie in der Hand hielt und den ihr eine mitleidende Butch geschenkt hatte. Sie war aber ganz und gar gut und fromm.

Und weil sie so von aller Welt verlassen war, ging sie im Vertrauen auf die große Tunte hinaus in die Cruising Parks der Stadt. Dort begegnete ihr eine alte Schrulle, die sprach: „Ach, gib mir doch ein Schlückchen Schaumwein; ich bin fast schon wieder nüchtern.“ Da reichte sie ihr die restliche Flasche Schaumwein und sagte: „Die große Tunte segne dirs!“

Schließlich ging sie weiter. Da kam ein junger Tunterich, der jammerte und sprach: „Es friert mich so an meinem Kopf, schenk mir doch etwas, womit ich ihn bedecken kann!“ Da tat sie ihre Dutte ab und gab sie ihm.

Und als sie nun noch ein bisschen gegangen war, traf sie eine kleine Enby-Tunte, die weinte und schluchzte: „Ich bin so klein und kann die Show gar nicht sehen.“ - Ähh ja! Es gab in jener Nacht ein Lipsyncbattle im Cruising Park… - So zog die Jungtunte ihre Stöckel aus und gab sie ihrem Geschwisterchen, das nun über die toupierten Dutten der anderen Queens hinweg schauen konnte.

Endlich kam sie in den dichten Busch. Es war schon dunkel geworden, da kam noch eine Schwester und bat um einen Fummel, weil sie so arg fror. Da sprach die schangelige Jungtunte leise zu sich selbst: „Es ist dunkle Nacht, da kannst du wohl deinen Fummel weggeben.“ Und so gab sie ihren Fummel auch noch hin.

Fuck, nein! ...nicht die Sterne vom Himmel, sondern dicke, fette Tropfen saurer Regen, denn die Umwelt ist am Arsch und es gibt keinen lieben Gott, der dich für deine Aufopferung belohnt. Es gibt nur Kapitalisten, die versuchen dich so gut es geht auszubeuten. Drum merke dir die Moral von der Geschicht: Solidarität mit unseren Brüdern, Schwestern und Geschwistern ist wichtig, aber vergiss nicht dich selbst dabei.